21 Jan. 2025 - Fabian Schiller
Don’t Call It Retro – Warum „Teamzeit“ der bessere Name für Retrospektiven ist
Retrospektiven sind ein unverzichtbarer Bestandteil agilen Arbeitens – eine Gelegenheit, innezuhalten, zurückzuschauen und Maßnahmen für die Zukunft abzuleiten. Doch genau dieser Fokus auf den Rückblick – „Retro“ – greift oft zu kurz. Denn worum geht es in diesem Termin wirklich?
Teamentwicklung. Und das ist so viel mehr als ein Rückblick.
Der Begriff „Retrospektive“ lenkt den Blick häufig auf die jüngste Iteration: Was lief gut? Was hätte besser laufen können? Welche Maßnahmen setzen wir um? Das ist wichtig, keine Frage. Aber wie oft nutzt ihr die Gelegenheit, über die aktuelle Iteration hinauszublicken? Wie oft investiert ihr bewusst in die nachhaltige Entwicklung eures Teams?
Genau hier liegt die Chance: Statt nur zurückzublicken, sollten wir diese wertvolle Zeit auch für tiefgreifende und zukunftsgerichtete Themen nutzen. Deshalb neige ich dazu, die 90 Minuten, die wir pro Iteration reservieren, „Teamzeit“ statt „Retrospektive“ zu nennen. Denn es gibt so viel mehr, was Teams in dieser Zeit tun können – und sollten.
Was macht man in „Teamzeit“?
Hier einige Beispiele, wie ihr eure „Teamzeit“ bereichern könnt:
- Lernen, was ein gutes Team ausmacht
Stellt euch die Frage: Was zeichnet ein erfolgreiches Team aus? Erarbeitet gemeinsam Modelle wie das Modell aus "Leading Teams" von Hackman oder den Team Development Radar aus unserem "Scrum Master Kompagnon".
- Einander besser kennenlernen
Nutzt die Zeit, um die Motive, Perspektiven und Arbeitsweisen eurer Kolleg:innen besser zu verstehen. Tools wie Moving Motivators oder Übungen wie Persönliche Landkarten schaffen ein tieferes Verständnis füreinander. Oder nutzt unsere Wertekarten, um besser zu verstehen, warum Eure Teamkollegen sich manchmal anders verhalten, als ihr es tun würdet.
- Kollegiale Fallberatung
Bringt ein komplexes Problem oder einen Konflikt auf den Tisch und besprecht es im Team. Eine strukturierte Fallberatung kann dabei helfen, neue Perspektiven und Lösungen zu finden. Wie man das macht könnt ihr in den freien Ressourcen des Coach Reflection Day finden.
- Vertrauen aufbauen
Vertrauen ist die Basis für jedes starke Team. Nutzt Übungen wie das Johari-Fenster, um Offenheit zu fördern, oder probiert eine Feedback-Runde aus, die gezielt Stärken und Anerkennung ins Zentrum stellt. Nutzt Kartenspiele mit spannenden Fragen wie die "So-Cards".
- Prinzipien der Wissensarbeit diskutieren
Redet über Themen wie Flow, WIP-Limits oder Deep Work. Wie arbeitet ihr zusammen, und wo könntet ihr eure Prozesse verbessern?
- Gemeinsame Vision schärfen
Wann habt ihr zuletzt über eure Team-Vision gesprochen? Stimmt sie noch? Investiert Zeit, um sicherzustellen, dass alle die gleiche Richtung vor Augen haben.
- Individuelle Weiterentwicklung fördern
Tauscht euch über persönliche Entwicklungsziele aus und unterstützt euch gegenseitig dabei, zu wachsen – sei es durch Mentoring, Peer-Coaching oder den Austausch von Lernressourcen.
Warum „Teamzeit“?
Der Begriff „Teamzeit“ schafft Raum für all diese Möglichkeiten. Er signalisiert, dass es hier nicht nur um die jüngste Vergangenheit geht, sondern um die langfristige Entwicklung des Teams.
Natürlich bleibt der Rückblick ein wichtiger Bestandteil. Doch indem ihr die Perspektive erweitert, fördert ihr nachhaltiges Wachstum und stärkt euer Team für die Herausforderungen der Zukunft.
Und jetzt ihr: Was macht ihr in euren Retrospektiven?
Schaut ihr ausschließlich zurück, oder nutzt ihr die Gelegenheit, tiefer zu gehen? Teilt eure Erfahrungen und Ideen – vielleicht wird eure nächste Retrospektive ja zur „Teamzeit“.
(Foto von
James Orr auf
Unsplash)